Vita

DER WEG EINER MEZZOSOPRANISTIN

Im Laufe ihrer mittlerweile über vier Jahrzehnte währenden Karriere hat Renate Behle eine außergewöhnliche stimmliche Vielseitigkeit bewiesen. Angefangen hat sie ihre Gesangslaufbahn als lyrischer Mezzosopran. Nach ihrem Studium in Graz und Rom war Renate Behle zwei Jahre am Badischen Staatstheater Karlsruhe beschäftigt. Um nach der Geburt ihres Sohnes mehr Zeit für ihre Familie zu haben, wechselte sie 1974 als 1. Alt in den Chor des Norddeutschen Rundfunks. Fünf Jahre später folgte eine Verpflichtung als Lyrischer Mezzosopran ans Musiktheater im Revier Gelsenkirchen.

 

1997 Ariane et Barbe-Bleue | Hamburg
1999 Salome | Buenos Aires
2002 Ariane et Barbe-Bleue | New York

1982 wurde sie an die Niedersächsische Staatsoper Hannover engagiert, wo sie trotz ständig wachsender internationaler Bekanntheit 15 Jahre lang Ensemblemitglied blieb – eine wichtige Zeit der Entwicklung, in der sie sich ein weitgespanntes Repertoire aus Partien von Hänsel bis Eboli erarbeiten konnte. 1987 wurde sie zur Kammersängerin ernannt.
Im selben Jahr leitete sie – nachdem sie zuletzt Partien wie Adalgisa (Norma) und Adriano (Rienzi) gesungen

hatte – einen Fachwechsel ein. Zunächst übernahm sie Aufgaben des jugendlichen Sopranfachs wie Sieglinde, Ariadne und Marschallin (»Da schwebt die Behle auf einem Klangpolster und die Zuhörer halten den Atem an, um nichts zu versäumen von den Zwischentönen«, Hannoversche Allgemeine), wenig später kamen die großen dramatischen bis hochdramatischen Partien wie Leonore (Fidelio), Isolde und Brünnhilde hinzu.

1993 Die Bassariden | Hamburg

Der Durchbruch für ihre internationale Karriere ereignete sich 1991, als Renate Behle in der Titelpartie von Schostakowitschs Lady Macbeth von Mzensk an der Hamburgischen Staatsoper einsprang. Seitdem führten sie Auftritte an die bekanntesten Opernhäuser und Festivals der Welt: Sie sang die Leonore an der Metropolitan Opera in New York, an der Wiener Staatsoper, an der Hamburgischen Staatsoper, an der Dresdner Semperoper und bei den Salzburger Festspielen. Sie interpretierte die Isolde  in Los Angeles, Houston (hier unter der Leitung von Christoph Eschenbach), Dresden und Savonlinna. Als Salome trat sie an der Mailänder Scala, in Dresden und Buenos Aires auf. Viele weitere deutsche und italienische Partien gehörten und gehören zu ihrem Repertoire, beispielsweise Senta, Sieglinde, Brünnhilde, Ariadne, Marschallin (u. a. in Hamburg unter Christian Thielemann), Chrysothemis (u. a. unter Peter Schneider in München) und Färberin ebenso wie Fanciulla, Tosca und Verdis Lady Macbeth. Über ihre Interpretation der letztgenannten Partie schrieb die Kölner Rundschau: »Ihre Stimme wird perfekt geführt, besitzt das dunkle Timbre des ehemaligen Mezzos, die feste Durchschlagskraft in der Höhe, die Beweglichkeit in den Koloraturen, wo der Sopran quirlt und perlt wie Sekt.«

2007 nahm Renate Behle von diesem Repertoire Abschied und singt mittlerweile vorwiegend Partien für dramatischen Mezzosopran wie beispielsweise Herodias und Klytämnestra.

1997 privat | Los Angeles
2013 Der Spieler | Amsterdam
2014 privat mit Sohn Daniel

Neben ihrem umfangreichen klassischen Repertoire widmete sich Renate Behle von jeher mit großer Leidenschaft der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts. Die ersten wesentlichen Aufgaben in diesem Bereich waren die Partie der Regine in der Deutschen Erstaufführung von Rolf Liebermanns La Forêt (Der Wald) bei den Schwetzinger Festspielen (1988; 1989 an der Oper Frankfurt) und die Kassandra in Aribert Reimanns Troades. Eine besonders enge Zusammenarbeit verbindet sie mit Wolfgang Rihm, von dem sie bislang drei bedeutende Werke zur Uraufführung brachte: Die Eroberung von Mexico (Hamburgische Staatsoper, 1991, unter Ingo Metzmacher), Das Gehege (Bayerische Staatsoper, 2009, unter Kent Nagano) und Penthesilea Monolog für dramatischen Sopran und Orchester (Theater Basel, 2009/10). Außerdem sang sie die Hauptpartie in Dukas’ Ariane et Barbe-Bleue in Hamburg und New York und die Agaue in Henzes Die Bassariden in Hamburg und München.

 Eine Reihe von Einspielungen dokumentiert Renate Behles Gesangskunst. Auf CD sind Zemlinskys Der Kreidekreis (musikalische Leitung: Stefan Soltesz), Spohrs Jessonda (Gerd Albrecht), Schumanns Genoveva (Gerd Albrecht), Schoecks Penthesilea (Mario Venzago) und Rihms Die Eroberung von Mexico (Ingo Metzmacher) erschienen, außerdem Beethovens Neunte Sinfonie (Michael Gielen). Auf DVD wurden zwei Stuttgarter Inszenierungen mit Renate Behle in Hauptpartien veröffentlicht: Fidelio (musikalische Leitung: Michael Gielen, Regie: Martin Kušej) und Die Walküre (Lothar Zagrosek, Christof Nel).

 Die gebürtige Österreicherin lebt seit 1971 in ihrer Wahlheimatstadt Hamburg, wo sie von 2000 bis 2010 an der Hochschule für Musik und Theater eine Professur für Gesang innehatte.